Inhaltsübersicht | Nanomaschinen | Moleküle | Programme | Kurse | Fun | Links

>

Die intelligente Kopiermaschine

Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

Bei der Polymerasen-Kettenreaktion(englisch Polymerase-Chain-Reaction, PCR) handelt es sich um eine Arbeitsmethode, die einerseits technisch verblüffend einfach ist, aber andererseits die biochemische Arbeitsweise enorm verändert hat. Sie ist aus einem modernen Labor nicht mehr wegzudenken.

Was ist PCR überhaupt?

Stellen Sie sich vor, in diesem Raum wären tausend Bücher, jedes mit tausend Seiten, aber völlig ungeordnet und nicht indexiert. Sie wissen, dass irgendwo in irgend einem dieser Büchern eine Kurzgeschichte ist, die Sie finden sollen. Sie erinnern sich vage an den Titel und an einige Sätze aus der Geschichte.

Nun stellen Sie in diesen Raum eine intelligente Kopiermaschine, die den Befehl hat, alle Textstellen zu kopieren, die mit einem bestimmten Titel anfangen und einen bestimmten Schlusssatz enthalten. Wenn Sie nach zwei Stunden zurückkommen, hat der Kopierer diese Stelle so oft kopiert, dass von zehn zufällig dem Raum entnommenen Seiten neun den gewünschten Text enthalten.

Informationsmässig entspricht das der Situation, die wir haben, wenn wir PCR dazu benützen, um aus dem menschlichen Erbgut ein bestimmtes Gen zu isolieren. Nur dass das ganze nicht so viel Platz braucht: die PCR-Reaktion findet in eine winzigen Tropfen (einige mikroliter) statt. Und wir brauchen nur deshalb so viel, weil es technisch viel aufwendiger wäre, mit noch kleinerer Flüssigkeitsmengen exakt zu arbeiten.

Und was geht mich das an?

PCR erleichtert nicht nur dem Molekularbiologen und Biochemikern das Leben, sondern beeinflusst viele Bereiche des Lebens. Die Fähigkeit, winzigste Mengen von Erbsubstanz nachweisen und analysiern zu können, wird in der medizinischen Diagnostik benützt, um Viren wie AIDS und Hepatitis-Viren oder Krebs-auslösende Papiloma-Viren nachzuweisen, lange bevor die Krankheit ausbricht. In den frühen Stadien der Schwangerschaft können schon Erbkrankheiten nachgewiesen werden, die durch ein krankes Gen ausgelöst werden, das sich nur durch den Austausch einer einzigen Base vom normalen Gen unterscheidet. Der Nachweis von genmanipulierten Nahrungsmitteln verwendet PCR. In der Kriminalistik genügen schon winzigste Spuren von biologischem Material, um eindeutig nachzuweisen, ob ein Verdächtiger mit dem Täter identisch ist oder, immens wichtig für den Verdächtigen, ob er eindeutig unschuldig ist. So gab es im letzten Jahr in den Medien Berichte, dass nach einem Sexualmord alle männlichen Einwohner eines Ortes auf diese Weise untersucht wurden. In den USA gab es mehrere Fälle, in denen die Unschuld von schon seit Jahren inhaftierten, fälschlicherweise verurteilten Personen durch PCR-Analyse der Spuren schliesslich nachgewiesen werden konnte. Zur Identifizierung von Leichen und Knochenresten kann die Verwandschaft zu lebenden Personen benützt werden. So konnten die Ueberreste der in der Kommunistisischen Revolution ermordeten und irgendwo verscharrten Zarenfamilie identifiziert werden und der Verwandtschaftsgrad ägyptischer Mumien ermittelt werden. Selbst aus in Bernstein eingeschlossenen Mücken und aus in Ölschiefer eingebetteten Blättern konnte DNS isoliert werden und daraus der Verwandtheitsgrad mit lebenden Arten ermittelt werden.

DNS, der Code des Lebens

Um PCR zu erklären, muss ich Ihnen kurz etwas über DNS sagen.
Dieses Molekül ist in jeder lebenden Zelle vorhanden und enthält in kodierter Form den exakten Bauplan dieser Zelle. Es besteht aus immens langen Ketten die Abfolge von 4 verschiedenen Seitengruppen die Information als Vier-Buchstaben-Code darstellen. Im Innern der Zelle wird diese Abfolge übersetzt und bestimmt so den Bau der Eiweisstoffe, die sowohl die Maschinerie wie auch den Baustoff der Zelle darstellen.
Der Kode steuert auch, welche Information wann abgelesen und überstzt wird. Die chemischen Eigenschaften dieser Codemoleküle sind so, dass sie kopierbar sind: jeweils zwei der sog. Basen sind zueinander komplementär: Auf einem zweiten StrangDNA steht jedem A ein T und jedem G ein C gegenüber

Bevor sich ein Zelle in Ihrem Körper teilt, trennt sich jeder DNs-Doppelstrang, und der jeweilige Komplementärstrang wird aufgrund der Basenkomplementarität neu synthetisiert. Damit erhält jede der Tochterzellen eine komplete, exakte Kopie des Bauplans, der in der ursprünglichen befruchteten Eizelle vorhanden war, aus der Sie entstanden sind

Die Basenkomplementarität in der DNS ermöglicht, dass bei der Zellteilung jede Tochterzelle eine vollständige und genaue Kopie der DNS der Mutterzelle erhält. Adenosin kann im Gegenstrang oder bei der Gegenstrang-Synthese nur ein Thymidin binden, Thymidin nur Adenosin. Cytidin kann im Gegenstrang nur Guanidin binden, Guanidin nur Cytidin. DNS-Einzelstrang-Stücke binden mit hoher Affinität an andere DNS-Einzelstränge, wenn diese eine exakt komplementäre Sequenz aufweisen.

Last changed by: A.Honegger, 9/6/08